dbb-Gewerkschaftstag 2017: Mit neuem Team zu einem modernen, konkurrenzfähigen öffentlichen Dienst für Deutschland

22.11.2017/dbb-VRFF/ABR/Köln:

Unter dem Motto „Im Dienst der Menschen“ startete am 19. November 2017 im Estrel Convention Center Berlin der Gewerkschaftstag des dbb beamtenbund und tarifunion, der mit mehr als 1,3 Millionen Mitgliedern Deutschlands gewerkschaftliche Spitzenorganisation für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und der privatisierten Bereiche ist.

Auf dem Gewerkschaftstag wurden nicht nur personelle Entscheidungen getroffen, sondern auch die Weichen für die gewerkschaftspolitische Arbeit in den kommenden fünf Jahren gestellt: Die Delegierten hatten im Rahmen der Arbeitstagung über mehr als 700 Anträge an den Gewerkschaftstag zu entscheiden, die sich mit der Ausrichtung der Interessenvertretungsarbeit nicht nur in den berufsspezifischen Feldern beschäftigten, sondern mit der Positionierung des dbb in allen relevanten Politikbereichen.
Zunächst zu den Wahlen: Neben dem Bundesvorsitzenden Ulrich Silberbach gehören ihr als hauptamtliche Stellvertreter der Zweite Vorsitzende des dbb und Fachvorstand Beamtenpolitik Friedhelm Schäfer (Landesvorsitzender NBB Niedersächsischer Beamtenbund und Tarifunion, Deutsche Steuer-Gewerkschaft DSTG) und der stellvertretende Bundesvorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik Volker Geyer (Kommunikationsgewerkschaft DPV DPVKOM) an.

Als weitere stellvertretende dbb Bundesvorsitzende wählten die 630 Delegierten des Gewerkschaftstages am 20. November 2017 in Berlin in die dbb Bundesleitung:

  • Jürgen Böhm (Verband Deutscher Realschullehrer VDR)
  • Thomas Eigenthaler (Deutsche Steuer-Gewerkschaft DSTG)
  • Astrid Hollmann (VRFF – Die Mediengewerkschaft)
  • Kirsten Lühmann (Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG)
  • Maik Wagner (Gewerkschaft der Sozialversicherung GdS)
  • Claus Weselsky (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL)

Mit Astrid Hollmann als einer der stellvertretenden Vorsitzenden ist nun erneut eine VRFF-Frau in der dbb-Bundesleitung vertreten.

Dem Team um Ulrich Silberbach wünschen wir eine erfolgreiche Arbeit in den nächsten fünf Jahren!

Abgestimmt wurde am 20. November 2017 in Berlin auch über zentrale Positionierungen des dbb Bundeshauptvorstandes und der dbb Bundestarifkommission. Ihr gemeinsames Ziel: Ein moderner, konkurrenzfähiger öffentlicher Dienst für Deutschland.
Die „Berliner Erklärung“ hat die politische Stärkung des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums als Garanten für eine alleine an Rechtsstaatlichkeit, Neutralität und Verlässlichkeit orientierte öffentliche Verwaltung im Blick. Sie stellt sich gegen die Politik der Privatisierung öffentlicher Leistungen und fokussiert einen starken, vorsorgenden Staat als wesentliche Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

Die „Kernaussagen zu einem modernen Berufsbeamtentum“ fordern strategische Ansätze für eine zukunftsorientierte Beamtenpolitik: Die permanente, sich an neuen gesetzlichen Regelungen orientierende Modernisierung des Funktionsvorbehalts als „bürgerrechtliche Schutzvorschrift“, die Eindämmung des Auseinanderdriftens der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, den Schutz der besonderen Sicherungssysteme des Beamtentums und der Beschäftigten vor Gewalt.

Im Antrag „Positionen zum Dienstrecht“ spricht sich der dbb für einen einheitlichen, ungeteilten Beamtenstatus aus und lehnt eine Relativierung durch Aufspaltung in Dienstverhältnisse mit unterschiedlichen Gestaltungsrechten je nach übertragener Aufgabe ab. Das Streikverbot als tragende Säule und Legitimationsgrundlage des Berufsbeamtentums steht nicht zur Disposition. Weiter fordert der dbb ein durchlässiges Laufbahnrecht sowie konkurrenzfähige Einkommens- und Arbeitsbedingungen.

Wichtige Positionierungen für die Arbeitnehmerpolitik hat die dbb Bundestarifkommission (BTK) formuliert: Darin geht es neben der Weiterentwicklung tariflicher Eingruppierungsregelungen insbesondere um die Tarifpartnerschaft im Gegensatz zur gesetzlich erzwungenen Tarifeinheit sowie um die Bedeutung der Tarifbindung und des Flächentarifvertrages. Letzterer gehöre in besonderer Weise zur Idee eines flächendeckend gleichwertig guten öffentlichen Dienstes. Der spürbare und künftig weiter ansteigende Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst erfordere attraktive Flächentarifverträge, damit der öffentliche Dienst das notwendige Personal finden und halten kann, um seinem Auftrag gerecht zu werden.

Weitere Anträge an den Gewerkschaftstag des dbb befassten sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung, der verbesserten Mitbestimmung sowie weiteren zentralen Politikfeldern, wie beispielsweise Arbeit, Bildung, Finanzen und Sicherheit.
Auf der öffentlichen Veranstaltung des dbb Gewerkschaftstages am 21. November 2017 richteten zahlreiche Vertreter der Bundespolitik ihre Grußworte an die Gäste.

Die Bedeutung des öffentlichen Dienstes für die Gesellschaft betonte der Regierende Bürgermeister von Berlin und amtierende Bundesratspräsident Michael Müller. Notwendig sei ein neues Miteinander: „Die Bürger erwarten eine funktionierende Verwaltung. Die muss kein Kumpel sein, aber Nähe und Vertrauen sind heute unerlässlich. Die Bürger wollen mitentscheiden.“ Dafür müsste der öffentliche Dienst angemessen ausgestattet werden. Wichtig sei nicht nur mehr und fachlich qualifiziertes Personal, dieses müsse auch entsprechende soziale Kompetenzen mitbringen. „Ich würde mir wünschen, dass die Vielfalt der Berufe im öffentlichen Dienst noch bekannter wird, und wir so viele junge und engagierte Menschen für eine Karriere bei uns begeistern können“, so Müller.

Die Bundestagsvizepräsidentin und Linken-Politikerin Petra Pau warb für einen „starken, gut ausgestatteten öffentlichen Dienst, der seine Beschäftigten angemessen bezahlt“. Leider sei die Vergütung in vielen Bereichen zu niedrig, um den öffentlichen Dienst als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Zudem unterstütze sie die Kritik des dbb an der noch immer nicht verwirklichten Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West. „Wir leben im Jahr 28 der deutschen Einheit, und noch immer werden die Menschen im Osten schlechter bezahlt und müssen mehr und länger arbeiten als im Westen, um eine vergleichbare Rente zu bekommen. Die fortbestehende Teilung Deutschlands muss schnellst möglich beendet werden“, sagte Pau.

Katarina Barley ging insbesondere auf die Folgen der Digitalisierung für den öffentlichen Dienst ein. Die Bundesministerin, die derzeit geschäftsführend die Ressorts Arbeit und Soziales sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend leitet, betonte: „Die Digitalisierung führt zu Umstrukturierungen und einem tiefgreifenden Wandel in der künftigen Arbeitswelt. Die Aufgabe der Politik ist nun, dass digitale Arbeit auch gute Arbeit bleibt.“ Dazu zählt für die SPD-Politikerin insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Die Digitalisierung schafft Zeiträume“, sagte Barley. „Die Frage ist nur: Was passiert mit dieser Zeit? Dient sie nur zu Personaleinsparungen, oder gehen wir den Weg zu flexibleren Arbeitszeiten?“

Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Harbarth sprach sich für weitere Investitionen in die Strukturen des öffentlichen Dienstes aus. Er warb für die Stärkung der Justiz und des Sicherheitsbereiches mit einem „Pakt für den Rechtstaat“. Dessen Ziel solle es sein, dass Bund und Länder gemeinsam für verbindliche Standards bei Ausstattung und Bezahlung sorgen. Außerdem trat Harbarth für mehr Respekt für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in der Öffentlichkeit ein: „Das steigende Aggressionspotential verlangt ein gesetzliches Nachfassen in diesem Bereich“, sagte er mit Blick auf die bereits erlassenen gesetzlichen Schutzregelungen für Teilbereiche des öffentlichen Dienstes.

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sagte, dass die sprichwörtliche deutsche Gründlichkeit kein Witz sei, sondern in anderen Ländern als Garant für ein funktionierendes Gemeinwesen bewundert werde. „Verlässliche Rahmenbedingungen dafür liefert der öffentliche Dienst mit seinen Beschäftigten. Er trägt maßgeblich dazu bei, dass wir ein leistungsstarkes und lebenswertes Land sind“, so Beer. Die Verwaltung sei eine verlässliche Konstante, die es im demokratischen Grundverständnis auch ermögliche, Deutschland eine Phase der politischen Neuorientierung unbeschadet überstehen zu lassen. Sie sei für einen starken Staat, wenn er nicht zum ausufernden Staat werde, der Bürgerinnen und Bürger behindere. Auswüchse der Überregulierung dürfe es auch im Sinne des Dienstes am Menschen nicht geben.

Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte der Bundestagsfraktion der Grünen, nannte den dbb einen „unverzichtbaren Partner“, der Verantwortung übernehme und die Interessen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes nicht nur im Beamten-, sondern auch Tarifbereich wirksam vertrete. „Grundlage dieser Sozialpartnerschaft ist die Koalitionsfreiheit“, machte Müller-Gemmeke deutlich, „das war bislang Konsens, der aber von der letzten Bundesregierung durch das Tarifeinheitsgesetz aufgekündigt wurde.“ Die damit vorgeblich angestrebte Kooperation und Solidarität zwischen den Gewerkschaften sei „aus unserer gemeinsamen Sicht jedoch mitnichten Aufgabe der Politik und lassen sich schon gar nicht durch ein Gesetz regeln“, sagte Müller-Gemmeke.

In seinem Schlusswort dankte dbb Chef Ulrich Silberbach allen Rednern und Teilnehmern des Gewerkschaftstages für ihr Engagement und versprach, dass der dbb sich weiterhin deutlich in die politischen Debatten einmischen werde, um die Zukunft des öffentlichen Dienstes zu sichern.

Mit der öffentlichen Veranstaltung endete der 24. Gewerkschaftstag des dbb beamtenbund und tarifunion in Berlin.

Foto: dbb (Marco Urban)