dbb-Jahrestagung 2018 – Thema Digitalisierung dominiert

09.01.2018/VRFF-dbb/ABR/Köln: In seiner Grundsatzrede anlässlich der dbb-Jahrestagung 2018 Modernisierung forderte der dbb-Bundesvorsitzende, Uli Silberbach, einen Pakt für Digitalisierung mit Bund und Kommunen, der der seriösen Planung des personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwandes dienen soll. Gerade in der kritischen Umstellungsphase auf digitalisierte Prozesse steige die ohnehin hohe Arbeitsbelastung, daher sei eher mehr als weniger Personal erforderlich. Zudem müssen die Beschäftigten entsprechend qualifiziert werden.
Darüber hinaus müssen auch die veränderten Arbeitsbedingungen berücksichtigt werden. Wenn Arbeit immer und überall verfügbar sei, ermögliche das viele Freiheiten, um sie beispielsweise familienfreundlicher zu gestalten. Damit verbunden sei aber auch die Gefahr der Entgrenzung, der mangelnden Trennung von Arbeit und Privatleben. Personal- und Betriebsräte müssen deshalb adäquat darüber wachen und mitbestimmen können.

Silberbach nannte Beispiele aus der täglichen Verwaltungspraxis, die beim Bürger Unzufriedenheit entstehen lassen. Insofern können nicht alle Probleme mit moderner IT gelöst werden – eine angemessene Personalausstattung und gute Arbeitsbedingungen seien immer noch die Basis für staatliche Ordnung, so Silberbach.

Der Staatssekretär, des Bundesministerium des Inneren, Hans-Georg Engelke war in Vertretung für den Innenmister gekommen, der an den Sondierungsgesprächen in Berlin teilnahm. Er nahm Bezug auf die 2018 anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu mehreren Klagen gegen das Streikverbot für Beamte. Das Streikverbot gehöre zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums und genieße damit Verfassungsrang.

Auch die Fachkräftegewinnung für den öffentlichen Dienst nannte er als wichtige Aufgabe. „Die Bezahlung muss stimmen“, und damit werde man sich in der im März startenden Tarifrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen befassen.

Er erteilte zudem eine klare Absage an die Bürgerversicherung.

NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper kündigte in seiner Rede Investitionen in den öffentlichen Dienst in NRW an: Im Bereich von Polizei, Justiz, Bildung und allgemeiner Verwaltung sollten neue Stellen geschaffen werden. Außerdem habe er eine zusätzliche Zuführung von 680 Millionen Euro für den NRW-Pensionsfonds veranlasst, um eine angemessene Vorsorge zu treffen. Er lobte zudem die qualitativ gute Verwaltung des Landes und gab in diesem Zusammenhang sein Unverständnis über die zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte zur Kenntnis.

Der Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm hielt einen Vortrag über die Anforderungen an eine smarte und sichere digitale Gesellschaft. Digitalisierung bedeute mehr Möglichkeiten, „auf die Deutschland nicht verzichten kann und soll“, aber eben auch mehr Gefahren, „auf die Deutschland vorbereitet sein muss“. Täglich gebe es 280.000 neue Schadprogramm-Varianten, allein auf die Netze des Bundes seien täglich zwischen 2.000 und 3.000 Angriffe zu verzeichnen, darunter drei bis fünf gezielte, berichtete der BSI-Präsident. Werkzeuge für Cyber-Angriffe kosteten nur fünf US-Dollar pro Stunde. Auch die Fallzahlen für Online-Betrugsmaschen und gezielte Cyber-Spionage stiegen von Jahr zu Jahr.

In Deutschland bildet die Cyber-Sicherheitsstrategie 2016 den ressort-übergreifenden Rahmen für alle Aktivitäten der Bundesregierung mit Bezug zur Cyber-Sicherheit. Die für Cyber-Sicherheit auf nationaler Ebene zuständige Behörde ist dabei das BSI, das die Informationssicherheit für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft durch Prävention, Detektion und Reaktion gestaltet.

Unter dem Titel „Deutschland hat gewählt – Was nun?“ diskutierten abschließend der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Lindner, und der Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer (Grüne). Moderiert wurde die Diskussion von Dunja Hayali.

Lindner verteidigte erneut den Rückzug seiner Partei aus den Sondierungen für eine „Jamaika“-Koalition mit CDU/CU und Grünen. Die Programme hätten eben nicht zusammengepasst. Hierfür nannte er als Beispiel das vergebliche Bemühen der Liberalen, das Kooperationsverbot in der Verfassung zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildung aufzuheben. Boris Palmer hingegen äußerte sein Unverständnis über das Scheitern der Verhandlungen: Die Grünen seien der FDP weit entgegengekommen, beispielsweise mit der Zusage der Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Beide Politiker äußerten übereinstimmende Ablehnung zur Bürgerversicherung. Weiteres Thema der Diskussion war der Fachkräftemangel, insbesondere im öffentlichen Dienst.

War das Thema Digitalisierung am ersten Tagungstag schon häufig durchgeklungen, so dominierte es den zweiten Tagungstag deutlich.

Der Staatssekretär im Finanzministerium des Saarlandes, Prof. Dr. Ulli Christian Meyer referierte zum Thema „Digitalisierung – ein Fluch oder Segen?“. In der anschließenden, erneut von Dunja Hayali moderierten Podiumsdiskussion tauschte er sich darüber mit Christoph Verenkotte, Präsident des Bundesverwaltungsamtes und Uwe Locking, Beigeordneter Deutscher Städte und Gemeinde und, zum Thema aus.

Die Delegation der VRFF war auf der Jahrestagung gut vertreten und hat erneut die Möglichkeiten der persönlichen Vernetzung im Dachverband intensiv genutzt. Auf seine Gedanken zur derzeitigen Situation in der Politik nach der Bundestagswahl angesprochen, erwiderte der VRFF-Bundesvorsitzende Uli Eichbladt: „Wir brauchen dringendst und schnellstens eine stabile und vertrauenswürdige Regierung. Könnte dies nicht auch dazu führen, dass das Vertrauen in die mediale Berichterstattung zurück erlangt wird?!“ Hintergrund dieser Überlegungen war das vergangene Woche veröffentlichte Forsa-Vertrauensranking, in welchem die Medien einen Vertrauensverlust verbuchen mussten.