8. März – Internationaler Frauentag

Mehr Aufmerksamkeit für Diversität!

08.03.2022/VRFF/FB/Köln: Liebe Kolleg*innen,

wenn an diesem Tag, dem “Internationalen Frauentag”,  etwas unbedingt ausgesprochen gehört, dann ist es ein riesengroßes Dankeschön an alle Frauen, die Tag für Tag in einer immer noch männlich dominierten Welt Großartiges leisten. Überall dort, wo es dringend nötig ist, gerade auch in Kriegszeiten mitten in Europa, packen Frauen an, nehmen persönliche Interessen und Gelegenheiten wahr, das zu heilen, was unter vornehmlich männlicher Führung  dabei ist “den Bach runter zu gehen”. Das geschieht nachhaltig, geschieht gezielt und ausgerichtet auf eine Welt, die friedlicher ist und weniger geprägt durch Dominanz und Gewalt.

Zu erleben ist das heute auch an der Spitze unseres Landes mit einer aktiven und mutigen Frau am Steuer des “Auswärtigen Amt” der Bundesrepublik Deutschland. Mehrfach fiel in den vergangenen Wochen des mühseligen diplomatischen Tauziehens in Sachen Ukraine-Krieg das Schlagwort der “Feministischen Außenpolitik”. Annalena Baerbock zog nach ihrem Wahlerfolg, den sie zusammen mit Robert Habeck bei der Bundestagswahl errungen hat, als Außenministerin dort ein und liefert Tag für Tag Bilder einer auf Werten und Anerkennung der Gleichstellung aller basierenden “Feministischen” Außen- und Sicherheitspolitik. 

Anschließend wird in den Newsrooms und Redaktionen, auch unserer öffentlich-rechtlichen Sender, diskutiert, was später wie in den Hauptnachrichten berichtet  und in den Polit-Talks des Abends live debattiert werden soll. Wenn es um den Anteil an Frauen geht, die an dieser ersten Auswahl journalistischer Inhalte arbeiten, an ihrer technischen und fachlich-inhaltlichen Aufbereitung, dann herrscht weitestgehend Parität zwischen den Geschlechtern bei ARD und ZDF. Eine erfreuliche Tendenz, die sich fortzuschreiben lohnt und die auch dem ungebrochen hohen Anteil an Frauen im journalistischen Nachwuchs entspricht.

Frauen gestalten demnach zunehmend was passiert in unserer Welt und wie wir es Abend für Abend in Bild und Ton wahrnehmen. Die publizistische Macht, also Entscheidungen mit wahrer publizistischer Strahlkraft zu verantworten und mit ihnen Nachhaltigkeit und Bestandskraft dieser Entwicklungen zu bestimmen, liegt jedoch weiterhin nicht in ihrer Hand. 

Denn immer noch viel zu langsam steigt der Anteil an Frauen in Führungspositionen im Rundfunk. Das gilt sowohl für die Privaten, die zwar viel über das Thema berichten, sich jedoch nur wenig transparent bezüglich solcher Erhebungen zeigen, als auch für den uns betreffenden Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Nach der 2018 von ProQuote veröffentlichten Studie: “Welchen Anteil haben Frauen an der publizistischen Macht in Deutschland?”, die u.a. nach der Geschlechterverteilung in journalistischen Führungspositionen gefragt hat, erreichen nur der RBB und die Deutsche Welle einen Gleichstand zwischen Männern und Frauen an der Spitze. Schlusslichter bilden Radio Bremen, der Saarländische Rundfunk und der Deutschlandfunk. In Verwaltungsräten und Kontrollgremien sieht es ganz ähnlich aus.

Ungeachtet zahlreicher unternehmerischer Aktivitäten in Sachen Frauenförderung – wie Coachings, Schlungsmaßnahmen und aktivem Networking – ändert sich an der Situation nur wenig. Auch wenn der Rundfunk an dieser Stelle im Deutschlandweiten Vergleich immerhin ähnlich schlecht dasteht wie andere Branchen, in denen der Anteil von Frauen in Führungspositionen ebenfalls nur langsam wächst, und ungeachtet der Tatsache, dass  nur wenig Fluktuation an der “einsamen Spitze” dazu ganz sicher beiträgt, muss man sich fragen, welche anderen Hemmnisse gegen eine bessere Gleichstellung von Frauen in den Fragen der publizistischen Macht arbeiten. 

Ganz oben rangiert da eine männlich dominierte patriarchale Unternehmenskultur, die sich hartnäckig hält und die ganz laut schreit nach einer stärkeren Beachtung der Diversität in den einzelnen Anstalten, zur Not mit einer Quote. 

Und so ist denn ein Tag wie heute, ein Feiertag für die Leistung der Frauen in aller Welt in unserer menschlichen Gesellschaft, gerade auch ein Tag, an dem all die Glückwünsche und all die Dankesreden an den patriarchal abgehaltenen “Kaffeetafeln für die Frau” endlich einer echten Gleichstellung der Geschlechter und einem Gleichgewicht an Macht und Einfluss weichen müssen. 

Dafür, liebe Kolleg*innen, dafür stehe ich heute gerne auf und setze mich ein. Denn die hier eingeklagte Veränderung bedeutet eben auch die längst schon überfällige  Angleichung der Lage auf den Führungsetagen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks an die tatsächlichen Gegebenheiten in unserer heutigen Zeit. Ein erster richtiger Schritt wären mehr Auswahlentscheidungen für Frauen in Spitzenpositionen, weitere Schritte wären notwendige Korrekturen der Unternehmenskulturen hinsichtlich der Bereitschaft zu mehr Veränderung als Vorbote für eine gute Diversity. 

Denn wo mutige Journalistinnen in Kriegsgebieten Bilder von heute liefern, wo eine auf Gleichstellung und Teilhabe ausgerichtete Politik unseres Landes eine demokratische Gesellschaft von morgen gestaltet, dort darf doch der Umgang mit publizistischer Macht in den wichtigsten Medien nicht von gestern sein.

Eure Bundesgendervertretung der VRFF

Bild: Pixabay, Geralt