FDP will Streikrecht einschränken

Ein Kommentar: Wenn Blinde von der Farbe sprechen

Verkehrsminister Volker Wissing von der FDP will das Streikrecht auf „Änderungsbedarf“ „prüfen“, sagte er vor wenigen Tagen in der ARD. Und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai stößt ins gleiche Horn und forderte in der Bild am Sonntag gleich eine Reform des Streikrechts. Seine Forderungen kurz zusammengefasst:

  • Verpflichtende Schlichtung
  • Klare Streikfristen
  • Die Möglichkeit die Verhandlungsführer auszutauschen

Was soll das, Herr Djir-Sarai?

Das Streikrecht leitet sich – um dem Herrn etwas Nachhilfe zu erteilen – aus dem Grundgesetz Artikel 9 Absatz 3 ab. Dort wird das Recht zur Bildung von Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen garantiert. Daraus leitet sich dann auch das Recht zum Streik und zur Aussperrung als verfassungsrechtlich geschütztes Kampfmittel im Arbeitskampf ab.

Zu seinen Forderungen:

  • Eine verpflichtende Schlichtung würde dazu führen, dass Verhandlungen nicht mehr ernsthaft geführt würden, sondern nach drei Versuchen von Seiten des Arbeitgebers als gescheitert erklärt würden und man dann zum Schlichter geht. In vielen Arbeitskämpfen geht es, wie auch im aktuellen Kampf der GDL, nicht einfach nur um Lohnerhöhungen, sondern um komplexe Regelungen zu den Themen Arbeitszeit, Altersversorgung, Urlaub etc.; da braucht es Experten, die die Materie kennen, und nicht ehemalige Politiker oder Funktionäre, die als Schlichter ohne tiefere Kenntnisse dazukommen.
  • Die Einführung von Streikfristen würde den Streik zu einem stumpfen Schwert machen; ein Streik soll und muss wehtun, sonst kann man nichts erreichen.
  • Die Forderung, die Verhandlungsführer zu tauschen, ist der Gipfel der Unverschämtheit und zeigt, wie wenig der Herr unser Grundgesetz verinnerlicht hat. Wir würden es uns auch wünschen die Führung der FDP auszutauschen, geht aber leider nicht.

Tarifverhandlungen ohne Druckmittel (Streiks) im Hintergrund, sind „kollektive Bettelei“ und können von niemandem in diesem Land ernsthaft gewollt werden.

Die Wahrnehmung in der Bevölkerung in den letzten Wochen, es würde ständig gestreikt, ist verständlich; daraus aber die populistische Forderung nach einer Reform des Streikrechts abzuleiten, ist Unsinn und geht am Thema vorbei.

Kleine, aber wichtige Randbemerkung: Die Proteste der Bauern wegen des Wegfalls der Subventionen waren übrigens kein Streik, sondern eine Demonstration, da hier eine Berufsgruppe einen Konflikt mit dem Staat austrägt und nicht mit einem Arbeitgeber – also zwei Tarifparteien. Im Übrigen ist in Deutschland der Streik zur Durchsetzung von politischen Zielen – anders als in zum Beispiel Frankreich – nicht erlaubt!

Die FDP zeigt hier wieder ihre typische Klientelpolitik und legt damit die Axt an den seit Jahrzehnten gefundenen Konsens in den Tarifauseinandersetzungen.

Keine Gewerkschaft geht ohne guten Grund in den Streik, denn der kostet viel Kraft und auch viel Geld, ist aber eben das einzig machtvolle Mittel der Arbeitnehmenden, ihre Interessen gegen den sonst übermächtigen Arbeitgeber durchzusetzen.

Herr Djir-Sarai, lassen Sie die Tarifpartner ihren Job machen und kümmern Sie sich um Ihre Arbeit in der Ampel, da haben Sie genug zu tun.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Eich und Ihre VRFF

Weitere wichtige Fakten zum Streikrecht:

Damit ein Streik in Deutschland rechtmäßig ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Tarifliche Regelungs- und Friedenspflicht: Das Streikrecht ist an die tarifliche Regelungs- und Friedenspflicht gebunden. Während der Laufzeit eines Tarifvertrags ist ein Streik daher nicht zulässig.

2. Gescheiterte Verhandlungen: Streiks sind nur erlaubt, wenn im Vorfeld es ernsthafte Verhandlungen über entsprechende Regelungen (z. B. Löhne, Arbeitszeiten) gegeben hat.

3. Verhältnismäßigkeit: Die Verhältnismäßigkeit muss bei einem Streik gewahrt bleiben. Heißt: er muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den angestrebten Regelungsgegenstand durchzusetzen.

Bild: VRFF Die Mediengewerkschaft