Entscheidung des LAG Hessen (Urteil vom 06.11.07 AZ: 12 Sa 1606/06)
Nach der vorgenannten Entscheidung des LAG Hessen ist eine ordentliche Künd- igung eines Mitarbeiters wegen der Weigerung, an Wochenenden Rufbereitschaft zu leisten, unwirksam, wenn es an einer an einer entsprechenden arbeitsvertrag- lichen oder kollektivrechtlichen Verpflichtung zur Ableistung solcher Dienste fehlt.
Der Kläger ist Mitarbeiter im IT-Bereich eines Unternehmens und unterhält sowohl am Arbeitsort als auch an einem weit entfernten Ort eine Wohnung, wo seine bei- den Kinder, die er nach der Scheidung wechselseitig mit seiner früheren Ehefrau betreut leben. Im Rahmen eines Projekts führte der Arbeitgeber an den Wochen- enden eine Rufbereitschaft ein. Diese war in der Form abzuleisten, dass die Mit- arbeiter sich zu Hause aufhielten, um auftretende Störungen im System kurzfrist- ig beheben zu können. Sie erhielten dafür einen Systemzugang, der es ihnen er- möglichte, den Großteil der Störungen von zu Hause aus zu beheben. Nur in 10 % der Störfälle war es nötig, dass die Mitarbeiter in den Betrieb kommen musst- en.
Der Arbeitgeber forderte für die Rufbereitschaft, dass der Arbeitnehmer innerhalb von 30 min im Betrieb sein konnte. Eine Vereinbarung, die die Verpflichtung zur Leistung von Rufbereitschaft für die Mitarbeiter ausdrücklich regelte, existierte in der Vergangenheit im Betrieb nicht. Nach einer Betriebsvereinbarung war die reg- elmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden auf den Zeitraum von Montag bis Freitag einer Woche verteilt. Erst mit Wirkung vom 01.01.06 schlossen die Betriebsparteien eine neue Betriebsvereinbarung, die nunmehr eine Regelung zur Rufbereitschaft enthält. Vor diesem Zeitpunkt erfolgte die Anordnung von Rufbe- reitschaft jeweils im Gespräch zwischen dem Mitarbeiter und dem Teamleiter.
Der Mitarbeiter erklärte im Dezember 05, als er von dem Teamleiter zur Rufbereit- schaft eingeteilt werden sollte, dass er nach seiner Auffassung zur Ableistung der Rufbereitschaft nicht verpflichtet sei. Der Arbeitgeber erklärte, er werde dies als Arbeitsverweigerung auffassen. Als der Mitarbeiter die Rufbereitschaft nicht leiste- te, wurde er vom Arbeitgeber ordentlich gekündigt. Hiergegen erhob er Kündig- ungsschutzklage.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Arbeitgebers wurde von dem LAG zurückgewiesen.
Das LAG Hessen begründet dies damit, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, Ar- beiten abzulehnen, die der Arbeitgeber ihm unter Überschreitung seines Direkt- ionsrechts nach Art, Zeit und Ort zuweise. Ausgehend von diesem Grundsätzen fehle es an einer vertragswidrigen Pflichtverletzung des gekündigten Arbeitnehm- ers, denn er war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses nicht verpflichtet an den Wochenenden Rufbereitschaft zu leisten.
Ein Arbeitnehmer sei nur auf der Grundlage arbeitsvertraglicher oder kollektiv- rechtlicher Vereinbarungen zur Leistung von Rufbereitschaft verpflichtet, woran es im Streitfalle fehlte. Die Betriebsvereinbarung trat erst mit Wirkung zum 01.01.06 in Kraft und kann nicht rückwirkend herangezogen werden.