Offener Brief der Personalräte der Deutschen Welle an die Geschäftsleitung

Offener Brief der Personalräte der Deutschen Welle an die Geschäftsleitung

Sehr geehrter Herr Limbourg, liebe Geschäftsleitung,

als Personalräte der Deutschen Welle waren wir durch Ihre Ausführungen am 17.03.2023 schockiert und sehen durch die angekündigten Kürzungsmaßnahmen unser Mitwirkungsrecht missachtet.

Bereits seit Spätherbst letzten Jahres hatte sich die angespannte Budgetsituation abgezeichnet. Sogar die auf den in Ihrem Beisein gezeigten Folien des Managementmeetings im Mai 2021 gehen von einem nicht weiter steigenden Bundeszuschuss nach 2022 aus. Dennoch wurden wir erst am Donnerstag letzter Woche mündlich über die Kürzungspläne informiert. Bereits am folgenden Tag präsentierten Sie diese im Rundfunkrat und hielten eine Mitarbeitendenversammlung ab. Die Personalräte hatten bis dahin keine Möglichkeit die Pläne in ihren Gremien zu besprechen.

 Uns liegt bis heute dazu nichts Schriftliches vor. Wir warten noch immer auf eine Budgetaufschlüsselung für 2023 im Vergleich zu 2022, damit wir die Haushaltssituation kostenstellenbezogen nachvollziehen können.

Damit wir Personalräte unsere Mitwirkung wie vom Gesetz gefordert ausüben können, müssen wir rechtzeitig und umfassend informiert und beteiligt werden. Das war bis heute nicht der Fall. Zum Beispiel wurden die Personalräte schon vor Jahren von den jährlichen Budgetgesprächen ausgeschlossen und nur kursorisch über Entwicklungen und Verschiebungen im DW-Etat informiert.

Dass einzelnen Abteilungsleitern bereits enge Fristen gesetzt wurden, um konkrete Kürzungsvorschläge für 2024 zu liefern, obwohl der genaue Bundeszuschuss zum DW-Etat für das kommende Jahr noch gar nicht vorliegt, haben wir nur aus Gesprächen mit Betroffenen erfahren. Wir halten das für unangemessen!

Zudem stößt die Tragweite der Pläne zum Personalabbau bei uns auf Unverständnis. In den letzten sieben Jahren ist das Budget der Deutschen Welle kontinuierlich gewachsen. Die Geschäftsleitung hat allerdings offenbar nicht rechtzeitig erkannt, dass diese Entwicklung auch ein Ende haben könnte und für diesen Fall nicht nachhaltig vorgesorgt.

Andere strukturelle Sparoptionen hat die Geschäftsleitung in den letzten zwölf Monaten offenbar nicht ausreichend geprüft. Dabei könnte ein drohender Personalabbau sicher auch verhindert werden.

Wir fragen uns, warum die Deutsche Welle angesichts der angespannten Budgetsituation zum Beispiel ein teures neues Corporate Design nicht zurückstellen kann, mindestens, bis die Budgetsituation geklärt ist.

Auch fragen wir uns, warum die Deutsche Welle weiterhin die hohen Mietkosten für das Parlamentsstudio tragen muss, wenn die dort geleistete Arbeit auch in der Voltastrasse erbracht werden könnte. Auch ist programmlich nicht begründbar, warum in der derzeitigen Situation ein neues Büro in Kinshasa eröffnet werden muss, an einem teuren Standort – nur, um drei konkrete Beispiele zu nennen. Darüber hinaus gibt es immer wieder programmliche und sonstige Prestigeprojekte, deren Sinnhaftigkeit sich uns angesichts der angespannten Budgetsituation nicht erschließt.

Wir fordern Sie auf, uns eine nachhaltige Planung für die Auslandsstandorte der Deutschen Welle vorzulegen und auch die Zuordnung zu den beiden Standorten Bonn und Berlin unter Wahrung der Mitwirkungsrechte des Gesamtpersonalrats neu zu regeln. Außerdem scheint die juristische Grundlage für ein sicheres Arbeiten der lokal Beschäftigten vor Ort – wie zum Beispiel in Istanbul – nicht in allen Fällen ausreichend gegeben. Wir sind sicher, dass sich Beendigungen 2024 bis 2026 vermeiden lassen. Dafür braucht die Deutsche Welle allerdings ein Change-Management mit einem schlüssigen Gesamtkonzept, dass die Kolleginnen und Kollegen mitnimmt und die Personalräte beteiligt.

Eine fokussierte Umsetzung der Unternehmensstrategie ist für viele Mitarbeitende nicht klar erkennbar.

Ursächlich für viele dieser Probleme ist der Top-Down-Umgang der Geschäftsleitung mit den eigenen Führungskräften. Auch diese werden ähnlich kurzfristig informiert, wie die Personalräte, sollen dann die Kürzungen schnell umsetzen und dabei über die materielle Existenz von Kolleginnen und Kollegen entscheiden.

Der Code of Conduct fordert “ein ehrliches und respektvolles Miteinander”, Wertschätzung für jede Person und Loyalität zur Deutschen Welle. Es ist nicht wertschätzend bis zu 300 Mitarbeitende auf die Straße zu setzen, es ist nicht respektvoll den Sport nach einer dreijährigen Umbauphase um 75% zu kürzen, es ist nicht wertschätzend die Mitarbeitenden an einem Freitag um 17:30 Uhr mit dem Kopf voll Sorgen ins Wochenende zu schicken. Loyalität funktioniert nur in beide Richtungen!

Durch solch eine Führungskultur schwindet das Vertrauen der Belegschaft! Etwa zehn Prozent der Freien und Kolleginnen und Kollegen mit Fristverträgen leiden seit Jahren darunter, dass sie nicht einmal eine mittelfristige Lebensplanung machen können. Die ständige Unsicherheit führt zu Angst. Das ist keine Basis für ein gesundes Arbeiten und eine nachhaltige Unternehmenskultur.

Wir fordern, dass Sie die geplanten Kürzungen unverzüglich stoppen und mit den Personalräten in einen Dialog eintreten, wie diese verhindert werden können. Für den Fall, dass sich einzelne Personalmaßnahmen gar nicht vermeiden lassen sollten, fordern wir soziale Kriterien bei eventuellen Reduzierungen und Beendigungen von freien und festangestellten Kolleginnen und Kollegen und einen mitbestimmten Sozialplan auch für Freie.

Mit freundlichen Grüßen

Fabian Schmidt  (Gesamtpersonalrat) 

Daniel Scheschkewitz  (ÖPR Bonn)                  

Klaus Barm (ÖPR Berlin)

                                                   

Foto: Pixabay, Schoelper