01.04.2014/DW-Intranet/Dr. Johannes Hoffmann:
Zum ersten Mal hat ein deutsches Bundesgericht bestätigt, dass auch die Deutsche Welle die im Grundgesetz verbriefte Rundfunkfreiheit genießt. Die DW könne sich „als öffentlich-rechtliche Auslandsrundfunkanstalt auf die Rundfunkfreiheit berufen“, urteilte der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) am 4. Dezember 2013. Der DW liegt jetzt auch die schriftliche Begründung vor.
Anlass für die Befassung durch das BAG war die Revision eines DW-Mitarbeiters gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln. Seinen Widerspruch gegen das Urteil der Vorinstanz hatte der Kläger damit begründet, dass die DW nicht der Rundfunkfreiheit unterliege.
Die DW genieße den Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, denn – so das BAG: „Sie betreibt keinen ‚Staatsrundfunk‘“. Dass es sich bei der DW um eine Rundfunkanstalt für das Ausland handele, ändere an diesem Sachverhalt nichts.
„DW kein Staats- oder Regierungssender“
Das BAG wies darauf hin, dass auch der Gesetzgeber bei der Änderung des Deutsche-Welle-Gesetzes (DWG) vom 15. Dezember 2004 zutreffend davon ausgegangen sei, dass die DW in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG falle. Die Deutsche Welle sei „kein – unzulässig errichteter – Staats- oder Regierungssender“, so das Gericht. „Ihre Organisation liegt weder vollkommen in der Hand des Staates noch ist ihr Programmauftrag auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet.“
Der Bund habe „die ausschließliche Gesetzgebung über die auswärtigen Angelegenheiten“. Darunter seien solche Fragen zu verstehen, die für das Verhältnis Deutschlands zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, insbesondere für die Gestaltung der Außenpolitik, Bedeutung haben. Die DW-Angebote dienten zwar gemäß dem gesetzlichen Programmauftrag der Darstellung Deutschlands in der Welt und beträfen damit die Außenbeziehungen des deutschen Staates. Gleichwohl sei die DW nicht Teil des Auswärtigen Dienstes. Dieser setze sich aus dem Auswärtigen Amt und den Auslandsvertretungen – Botschaften, Generalkonsulaten und Konsulaten – zusammen.
Gremien: „Kein Übergewicht staatlicher oder staatsnaher Vertreter“
Mit Blick auf Rundfunkrat und Verwaltungsrat und die Regelungen zur Wahl und zu den Aufgaben des Intendanten unterstrich das Gericht, dass die diesbezüglichen Bestimmungen gewährleisten, dass die Deutsche Welle „nicht vom Staat bestimmt wird“. Die Richter stellten fest: „Weder im Rundfunkrat noch im Verwaltungsrat der Beklagten besteht ein Übergewicht staatlicher oder staatsnaher Vertreter.“
Unter den Mitgliedern des Rundfunkrats ebenso wie unter jenen des Verwaltungsrats seien die staatlichen oder staatsnahen Vertreter in der Minderheit. Die Bestimmungen zu Beschlüssen und Wahlen (§ 34 DWG bzw. § 39 DWG) gewährleisteten, „dass die staatlichen oder staatsnahen Vertreter nicht automatisch über die Mehrheit im Rundfunkrat verfügen“.
„Auch der Intendant (…) wird nicht vom Staat bestimmt“, hielt das Gericht fest. Er werde vielmehr nach § 40 Abs. 1 Satz 1 DWG vom Rundfunkrat gewählt, wobei eine qualifizierte Mehrheit der 17 Mitglieder erforderlich ist.
Programmauftrag „wird Programmfreiheit gerecht“
Zum Programmauftrag betonte das BAG, dieser sei „nicht auf die Verbreitung nur einer bestimmten Meinung gerichtet. Vielmehr wird er der von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geforderten Programmfreiheit gerecht.“
Die Programmfreiheit gewährleiste, dass Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms Sache des Rundfunks bleiben und sich an publizistischen Kriterien ausrichten können. Das Grundrecht verlange eine gesetzliche Regelung, die sicherstellt, dass der Rundfunk die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen.
„Diese an die Programmfreiheit zu stellenden Anforderungen gewährleistet das Deutsche-Welle-Gesetz (…) unzweifelhaft.“ Die einschlägigen Paragrafen des DWG gewährleisteten, „dass eine Vielfalt von Themen und Meinungen dargestellt werden und zugleich die Grundrechte Dritter, insbesondere die Würde des Menschen nach Art. 1 Abs. 1 GG, geschützt werden“. Im Rahmen dieser weit umrissenen Vorgaben könne die Deutsche Welle „frei bestimmen, welche Inhalte sie mit welchen redaktionellen Mitteln in welchem Format zu welchem Zeitpunkt darstellt“.
In seinem Urteil ging das oberste deutsche Arbeitsgericht auch auf die Vorgaben im DW-Gesetz zur Aufgabenplanung, zur Finanzierung sowie zur Rechtsaufsicht ein. Diese Bestimmungen stellten „insbesondere angesichts der Zusammensetzung der Kontrollgremien und der im Programmauftrag angelegten Meinungsfreiheit“ nicht infrage, dass die Deutsche Welle dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit unterfalle.