Das vom dbb in Berlin veranstaltete Symposium befasste sich mit den Folgen einer (möglichen) gesetzlich verordneten Zwangs-Tarifeinheit, nämlich: Ein Be- trieb – eine Tarifeinheit, wie dies in einer gemeinsamen Initiative von BDA und DGB gefordert wurde.
Frank Stöhr, stellvertretender Vorsitzender des dbb, führte in seiner Eingangsrede aus, dass nach Auffassung des dbb ein Gesetz zum Erhalt der Tarifeinheit einen verfassungswidrigen Eingriff in die Tarifautonomie darstellen würde.
Der Tübinger Arbeitsrechtler, Herr Prof. Dr. Hermann Reichold, erläuterte in sein- em Vortrag, dass eine gesetzliche Regelung, wie von BDA und DGB gewünscht, die im Grundgesetz verankerte Koalitionsfreiheit auf den Kopf stellen würde. Nach der BDA/DGB-Initiative dürfte nur die mitgliedsstärkste Gewerkschaft allein die Beschäftigungsbedingungen aller Arbeitnehmer bestimmen. In der Praxis wären Streitigkeiten über die Festlegung des Stichtages zur Feststellung der mitglieds- stärksten Gewerkschaft und die Abgrenzung eines Betriebes so schon vorpro- grammiert.
Dies wäre aber genau das Gegenteil pluralistischer Interessenvertretung und demokratischer Willensbildung, welche durch das Urteil des Bundesarbeitsge- richtes vom 25.06.2010 festgelegt wurden. Herr Dr. med. Frank Montgomery, Ehrenvorsitzender des Marburger Bundes, wies auf den Abwanderungsdruck der Ärzte in den Krankenhäusern hin, falls es zu einer Rückkehr zum Einheitstarifver- trag kommen sollte.
Der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky sieht den Grund für die ungewöhn- liche “Zweisamkeit” von BDA und DGB in der Angst vor starken Berufsgewerk- schaften, deren Mitglieder Schlüsselpositionen in Unternehmen einnehmen, so wie die Lokführer der GDL oder die Ärzte des Marburger Bundes. Selbst Hartmut Möllering, Finanzminister von Niedersachsen und Verhandlungsführer der Tarifge- meinschaft der Länder, sieht Schwierigkeiten, das Thema durch den Gesetzgeber zu lösen, oh-ne die im Grundgesetz verankerten Grundrechte (Art. 9 Abs. 3) zu verletzen.
Mit einer Protestaktion vor dem Bundeskanzleramt am 04.04.2011 haben die DBB-Gewerkschaften in einer gemeinsamen Aktion mit dem Marburger Bund gegen die mögliche Einschränkung des Grundrechts der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts demonstriert und die Bundesregierung aufgefordert, die BDA/ DGB-Initiative abzulehnen und nicht länger in die eigenen Überlegungen einzube- ziehen.
Der Koalitionsausschuss von Union und FDP hat sich im April mit der gesetz- lichen Einschränkung bei der Tarifpluralität befasst.
Über die weitere Entwicklung werde ich zeitnah berichten.
Günter Walter | |
Vorsitzender BTK | |
12. Mai 2011 |