„Verfehlte Sparpolitik“ – Bundesvorsitzender der VRFF zum Thema Personalabbau im öffentlichen Dienst und den Folgen daraus

18.01.2016/VRFF/ABR/Köln:

Im Rahmen der 57. Jahrestagung des dbb in Köln vom 10. Bis 12.01.2016, bei der immer wieder in verschiedenen Zusammenhängen die mangelnde Personalausstattung des öffentlichen Dienstes thematisiert wurde, wurde auch der Bundesvorsitzende der VRFF Die Mediengewerkschaft, Ulrich Eichbladt, zu dieser Thematik befragt.

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VRFF: Herr Eichbladt, wie ist Ihre Meinung zur personellen Ausstattung des öffentlichen Dienstes?

UE: Die VRFF hat bereits seit geraumer Zeit den Finger in die Wunde gelegt und immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die personelle Ausstattung des öffentlichen Dienstes völlig unzureichend ist und zwar durchgängig und flächendeckend. Den stetigen Personalabbau im öffentlichen Dienst kann ich nur als verfehlte Sparpolitik bezeichnen. Dies trifft uns im öffentlich-rechtlichen Rundfunk übrigens genauso.

VRFF: Wozu führt diese „Sparpolitik“ in Ihren Augen?

UE: Das eindeutige Ergebnis sind neben den horrenden Überstunden, der deutlichen physischen und psychischen Überlastung beispielsweise der Polizei, Justiz, Lehrer, Kindergärtner und Pflegekräfte, eigentlich fast aller Angestellten und Beamten im ÖD und der mangelnden Wertschätzung ihrer Arbeit insbesondere auch die Gewaltexzesse, die wir in letzter Zeit erlebt haben. Hinzu kommt, dass bei gleicher oder mehr Arbeit mit deutlich weniger Personal, natürlich auch die Qualität der Arbeit nicht mehr durchgängig gewährleistet werden kann. Hierbei handelt es sich um einen schleichenden Prozess, der dann natürlich auch zu Akzeptanzverlust führen kann.

VRFF: Sie sprechen von Gewaltexzessen?

UE: Ja, wir sprechen von der Silversternacht in Köln, aber auch von Angriffen auf Mitarbeiter von Behörden und Verwaltungen aller Art, von Gewalt gegen Polizisten, Lehrer etc. und nicht zuletzt auch von körperlichen und verbalen Übergriffen auf Journalisten – das Unwort des Jahres 2014 „Lügenpresse“ ist auch ein deutliches Zeichen hierfür. Die Hemmschwelle ist sehr deutlich gesunken, auch in den sozialen Medien. Verbalen Anfeindungen und Bedrohungen mussten sich auch bei uns organisierte Mitarbeiter des Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio auf ihren Social Media Präsenzen aussetzen, obwohl sie dort lediglich über ihr gewerkschaftliches Engagement berichten.

VRFF: Hat der politisch Personalabbau auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seinen Tochterunternehmen und Gemeinschaftseinrichtungen zu ähnlichen Vorkommnissen geführt?

UE: Selbstverständlich haben wir auch in den Sendern unter der politisch vorgegebenen Sparpolitik zu leiden. Es stehen beispielsweise weniger Menschen zur Produktion von Sendungen aller Art zur Verfügung. Wozu führt das? Will man gleichbleibend hohe Qualität liefern und dazu auch dem öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag nachkommen und muss das mit weniger Menschen tun, die recherchieren, produzieren, verarbeiten, aufzeichnen, senden etc., dann führt das eben am Ende dazu, dass man hier und da (auch aufgrund zeitlicher Vorgaben) nicht mehr zu 100% das abliefern kann, was von der großen Mehrheit der Zuschauer von einem beitragsfinanzierten Rundfunksystem erwartet wird.

Das Interview führte Anke Ben Rejeb.