14.02.2008/vrff/VWI/Köln: 150 Euro extra -Mietnebenkostenrückerstattung – wie nett. Ich beschließe, mich von dem Geld beim angesagten Italiener mit einem feudalen Abendessen belohnen. Während ich versuche, mich auf meine Bestell- ung zu konzentrieren, höre ich ungewollt Gesprächsfetzen vom Nebentisch. Dort sitzen vier Männer mittleren Alters – braun gebrannt und mit offenen Terminkalen- dern, eingehüllt in feinstes Armani und mit Mont-Blanc-Kugelschreibern bewaff- net.
Schlagartig wird mir bewusst, dass es sich dabei um einen Manager mit seinen Manager-Lehrlingen handeln muss. Nicht, dass ich voller Vorurteile gegen diese Berufskaste wäre – aber wer so unverschämt viel Geld hat und das auch so be- tont zeigt, ist entweder aus Russland (Energiebranche) oder er verdient sein Geld mit halbseidenen Geschäften (Rotlicht) – oder er ist eben Manager. Nach dem eher einfältigen Geschwafel zum Thema Golfclub in L.A., Yachtkauf in Düsseldorf und Schampus ohne Ende, werden die Stimmen am Nachbartisch schließlich ge- dimmt: “Die Werksschließung ist übrigens glatt durchgegangen. Und die 2.000 Mitarbeiter finden schon wieder irgendwas. Über 2 Monate habe ich darüber nach- gedacht, wie wir den Produktionsstandort verlagern können. Damit haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Osteuropäer sind glücklich, wenn sie Arbeit haben und wir steigern den Profit. Wenn unsere Aktionäre strahlen, sind sie taub und blind und unsere Gehaltserhöhung geht einfach durch. Übrigens, sind die neuen Subventionsanträge beim Land schon durch?”
Es muss ziemlich weh tun, nicht mehr zu wissen, wohin mit all dem Geld, das dieser Mann mit der Arbeitsleistung seiner Angestellten verdient. Immer wieder verteidigen deutsche Manager die Höhe ihrer Bezüge. Eine 90-Stunden-Woche und die Verantwortung für Mitarbeiter und Aktionäre rechtfertige die Höhe des Einkommens, sagte Telekom-Chef René Obermann. Das aber sehen die ent- lassenen Telekom-Mitarbeiter ganz anders. Auch die Vorstandsvorsitzenden von Bahn, Siemens und Continental halten ihre Gehälter für angemessen. Sechzig Millionen Euro Gehalt im letzten Jahr hält auch Herr Wiedeking für eine ange- messene Bezahlung seiner Arbeitsleistung (bitte überprüfen!) – und bekommt noch Unterstützung von Politik und Verbänden. Niedersachsens Ministerpräsi- dent Christian Wulff rät übrigens in diesem Zusammenhang von einer “Neidde- batte” ab.
Wie auch immer – mein leckeres Abendessen beim Italiener ist mir durch schlechte Gesellschaft endgültig versaut. Während die Armani-Typen fröhlich in die nächste Rotweinrunde gehen, lasse ich mein Dinner stehen und gehe nach Hause.
Am nächsten Abend – immer noch sauer – höre ich die neuesten Meldungen von NOKIA aus Bochum. Die Fernsehnachrichten zeigen Menschen, die hemmungs- los weinen, weil sie ihren Job verlieren. Doch die Nokia-Manager, die vor wenigen Jahren 80 (!!!!) Millionen Euro von uns bekommen haben, sind zu keinerlei Zuge- ständnissen bereit. Nicht mal reden wollen sie und auch die Bundesregierung ist nur noch hilflos. Die NOKIA-Topmanager sind bereits dabei, in Rumänien “heu- schreckentechnisch” wieder Subventionen abzugreifen, damit Sie sich die Tasch- en mit Geld vollstecken können, das sie irgendwie gar nicht mehr ausgeben können.
Und da stehe ich nun nach 10 Stunden Arbeit in meiner 15 Jahre alten Einbau- küche, reiße eine Packung “Miracoli” auf und frage mich, warum sich zur Hölle die Ackermänner, Wiedekings und Obermanns und die ganze andere Brut nicht schämen oder ein Drittel ihres Gehalts spenden – zum Beispiel für die NOKIA- Mitarbeiter in Bochum.
Volker Widerspick