Ende Oktober 2011 fand das Jahresgespräch zwischen Inten- dant Markus Schächter sowie dem Stellvertretenden Verwalt- ungsdirektor Dr. Michael Winter und den Vertretern der VRFF statt.
08.12.2011/vrff/BAR/Mainz :Aufgrund der aktuellen Auflagen der KEF, die das ZDF erneut zu weiteren drastischen Einsparmaßnahmen zwingen, wurden zu- nächst der Ist-Stand des ZDF thematisiert sowie mögliche, aus den Einspar- konzepten resultierende Konseq- uenzen, die bis Ende 2012 auf das ZDF zu- kommen könnten.
Der Intendant erklärt, dass dem ZDF die Vorgaben der KEF erhebliche Probleme bereiten. Während die geforderten Einsparungen im Personalaufwand erbracht wurden, ist es bisher nicht gelungen, innerhalb der Gebührenperiode 2009 – 2012 die von der KEF vorgegebene Anzahl an Stellen zu kürzen. Nun will die KEF den geforderten Personalabbau sehen. Dies ist jedoch weder organisatorisch noch finanziell innerhalb dieses Zeitrahmens zu leisten, was auch Dr. Michael Winter bekräftigt.
Am 27.10.2011 wird es ein weiteres großes Gespräch zwischen dem ZDF und der KEF zur weiteren Verfahrensweise geben.
Doch wie sehen die möglichen Konsequenzen aus und in welchem Zeitraum ist überhaupt ein Stellenabbau in der geforderten Größenordnung realistisch, fragt der VRFF-Vorsitzende Ulrich Eichbladt.
Markus Schächter resümiert, dass eine der ersten Maßnahmen die Verfügung des sofortigen Einstellungsstopps war. Des Weiteren werden keine neuen Stellen geschaffen, vakant werdende Stellen bleiben unbesetzt. Im Falle eines zwingend- en Arbeitsplatzwechsels wird es Einsparungen an anderer Stelle geben. All dies gilt auch für Zeitverträge.
Hierzu soll in der Direktorensitzung vom 25.10.2011 ein Regelwerk erstellt werden:
Das ZDF und die aktuelle medienpolitische Entwicklung
Der Intendant betont, dass es sich bei diesen Maßnahmen um ein notwendiges Instrumentarium handelt, das angewendet werden muss. “Mit dem uns zur Ver- fügung stehenden Geld müssen wir auskommen. Entsprechende Priorisierungen werden gewährleisten, dass das ZDF weiterhin seine Aufgaben erfüllen kann.”
Ende November hat Markus Schächter gemeinsam mit seinem Nachfolger Dr. Thomas Bellut den weiteren Priorisierungsprozess in einer Geschäftsleitersitzung vorangetrieben. Für den Intendanten steht fest: Die neuen Kanäle sollen sich zu- nächst entfalten. Nun werden Überlegungen in alle Richtungen angestrebt, um die notwendigen personellen Einsparungen umzusetzen. Ob es um die Zusammen- legung von Redaktionen oder Bereichen geht, ob in der Verwaltung, im Pro- grammbereich, in der Produktion oder Technik – alle Felder werden auf umsetz- bare Einsparmöglichkeiten überprüft. Fest steht, dass durch Fluktuation allein der Stellenabbau nicht zu leisten ist. Es muss geprüft werden, ob Gelder für die Wiedereinführung von Frühverrentungen zur Verfügung stehen und welche alter- nativen Lösungen umsetzbar sind.
Auf die Nachfrage der VRFF, ob und inwiefern die Bereiche in den Priorisierungs- prozess mit eingebunden werden, bekräftigen Markus Schächter und Dr. Michael Winter, dass die Bereiche zu beteiligen sind, es aber auch strikte Vorgaben von oben geben wird.
Grundsätzlich stellt sich für den Intendanten die Frage, wie wir auch zukünftig unter den Auflagen der KEF bestehen können. Die Einführung des Inflationsaus- gleichs hält Markus Schächter für unerlässlich. Darüber hinaus wartet er auf das Inkrafttreten des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages 2013, wonach die “Ge- bühren” mittels einer GEZ-Haushaltsabgabe eingenommen werden. Dieses neue System wird mehr bringen, auch z. B. in Bezug auf die Transparenz.
Für die VRFF-Vertreter entsteht zunehmend der Eindruck, dass die KEF das öffentliche Diskussionsforum nutzt, um ein Zeichen zu setzen. Der Intendant teilt diesen Eindruck und ergänzt, dass die KEF zunehmend eine politische Position besetze.
Bislang habe der öffentlich-rechtliche Rundfunk noch Fürsprecher in Wirtschaft, Kirchen, in der Politik und beim Bundesverfassungsgericht.
Die Sinnfrage “Brauchen wir ARD und ZDF?” wird seiner Meinung nach immer wieder aufkommen. Vor dieser Frage hat Markus Schächter keine Angst. Die Systeme von ARD und ZDF sind zu verschieden, sie zu reduzieren wäre kompliziert.
Die Angriffe von draußen werden aber zunehmend massiver. Wichtig für das ZDF ist der Erhalt des hohen Standards in finanzieller und ökonomischer Grundausstattung. Und: “Wir müssen gut sein.”
Am 30.04.2012 steht der analoge Switch-Off bevor, die Digitalisierung wird somit in allen Haushalten vollzogen sein. Einen hohen Stellenwert räumt der Intendant dem Hybrid-Fernsehen (mit einer Fernbedienung für Netz und TV werden zu- künftig alle Angebote überall empfangbar sein) ein, auf das es sich vorzubereiten gilt. Hier stellt sich die Frage nach möglichen Vorbereitungs- und Etablierungs- möglichkeiten.
Zum Thema “medienpolitische Entwicklung” hinterfragt Ulrich Eichbladt eine in den Printmedien veröffentlichte Aussage Markus Schächters zu “Kooperationen zwischen dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Fernsehen”. Der Intendant bekräftigt, dass die Öffentlich-Rechtlichen mehr Gemeinsamkeiten mit den Privat- en haben als mit Netzwerken. Diese Gemeinsamkeit gilt es zu stärken. Google, Apple, Facebook etc. haben ganz andere Verbreitungsmöglichkeiten. Durch sie kann journalistische Qualität eher behindert werden als durch private Sender. Daher hält er es grundsätzlich für besser, gemeinsame Interessen zu vertreten, als sich auf Medienkongressen gegenseitig zu kritisieren.
Zunehmend Sorgen bereitet den VRFF-Vertretern die steigende Arbeitsverdicht- ung im ZDF, auffällig in letzter Zeit auch im technischen Bereich, wo es Sende- ausfälle und “Patzer” bei Live-Sendungen gibt. Die Ausfälle häufen sich, auch in anderen Bereichen. Strukturprobleme nehmen zu, der Kontakt zur Basis schwindet, Chefs rennen von Sitzung zu Sitzung etc. Wie können wir dem ent- gegenwirken? Hier erwähnt Dr. Michael Winter einen Vergleich mit der Finanzwelt an, in der es ein ständiges Auf und Ab gibt. Dieselbe Situation, wie wir sie heute mit den digitalen Kanälen und der damit verbundenen Arbeitsverdichtung haben, gab es im ZDF schon einmal in den 80ern mit der Einführung von 3sat, in den 90ern mit arte und Phoenix. Danach stellte sich nach einiger Zeit wieder eine Entlastung ein. Markus Schächter ergänzt, dass er strukturelle Probleme grund- sätzlich für schwerwiegend halte, da sie nicht zufällig sind.
Auf die Frage, ob die Deutsche Welle zum ZDF kommt, erwidert der Intendant nicht ohne ein Schmunzeln, dass dies wohl ein Wunschgedanke sei. Die ARD werde alles tun, damit dies nicht passiert.
Aktuelle Aussichten für 2012: “Wetten, dass..?” wird weitergehen. Zunächst wird über den neuen Programmdirektor entschieden, der dann mit dem bestmöglichen Moderator für die Sendung steht.
Und eine Meldung für alle Smartphone-Besitzer: Nächstes Jahr kommt das heute.de-App.
Zum Abschluss des Gesprächs dankt Ulrich Eichbladt dem Intendanten im Nam- en der VRFF für die stets vertrauensvollen Gespräche und das konstruktive und verbindliche Miteinander, dass die VRFF-Kolleg(inn)en stets zu schätzen wissen.