Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Länder (KEF) hat am Freitag ihren 24. Bericht vorgestellt. Den sieht die Bundestarifkommission der VRFF kritisch, denn Grundlage der KEF sind veraltete und nicht adäquate Daten und Annahmen.
Beim Treffen der Tarifbeauftragten der VRFF Die Mediengewerkschaft am 25. und 26. Februar 2024 stand ein Thema ganz oben auf der Agenda: der frisch veröffentlichte 24. KEF-Bericht. Darin empfiehlt die Finanzkommission zwar eine moderate Erhöhung des Beitrags für ARD, ZDF, Deutschlandradio und Landesmedienanstalten um 58 Cent für die Jahre 2025 bis 2028; in Anbetracht der Inflationsentwicklung in den vergangenen zwei Jahren und des Investitionsbedarfs für die Medienhäuser ist aus Sicht der Tarifverhandler*innen diese Erhöhung von nicht ganz 3,2 Prozent jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein.
Hauptkritik der Gewerkschafter*innen: Die KEF stützt sich bei ihrer Entscheidung zum Personalaufwand noch immer auf ein Gutachten aus dem Jahr 2019 – also auf Zahlen, die demzufolge in den Jahren 2018 bzw. vermutlich sogar 2017 erhoben wurden. „Dass das Kienbaumgutachten immer noch von der KEF zugrunde gelegt wird, ist für mich nicht nachvollziehbar“, kritisiert Christian Gesch, Vorsitzender der VRFF-Bundestarifkommission, „weil die letzten Abschlüsse im Öffentlichen Dienst massive Gehaltssteigerungen mit sich brachten, und damit die aus diesem Gutachten beschriebene Lücke zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) und dem Öffentlichen Dienst geschlossen wurde.“ Zudem wurde das Kienbaumgutachten schon im Jahr seines Erscheinens für die nicht vollständige Berücksichtigung der damaligen Sachlage im ÖRR kritisiert.
„Bereits jetzt“, so Gesch weiter, „haben die Anstalten massive Probleme überhaupt Fachpersonal zu bekommen; dies wird künftig schier unmöglich werden in Anbetracht der immer weiter sinkenden Gehälter und Zusatzleistungen in den Rundfunkanstalten“.
Auch den KEF-Standpunkt zum „Sondervermögen 3“ können die Tarifbeauftragten der VRFF nicht teilen: Die Anstalten haben in den letzten Jahren schon insgesamt eine Milliarde Euro angespart, um den Bedarf an Steigerungen des Rundfunkbeitrags gering zu halten. Damit sollten Sondersituationen abgefedert werden wie Pandemien, rasant steigende Inflationsraten oder der Stau bei erforderlichen Investitionen in effizientere Technologien. Nun fordert die KEF, dass diese Rücklagen umgehend genutzt werden; denn sie hat genau diese Rücklagenanteile bei den Bedarfsanmeldungen der Häuser mit eingerechnet. Notwendige Ausgaben für Reformen sind für die ÖRR damit kaum noch zu stemmen.
Insgesamt äußert die KEF viel Kritik an den Medienhäusern. Einiges zurecht, ist sich die Bundestarifkommission der VRFF einig. Doch die aus dem 24. KEF-Bericht resultierenden Einsparungen in den Medienhäusern haben Folgen: Zum einen für die Programmnutzer*innen, denn weniger Personal bedeutet auch weniger Kapazitäten für Innovation und Qualitätsmanagement für das Programm. Zum anderen die Beschäftigten, weil Kürzungen im Personaletat, erneut Tarifabschlüsse weit unter dem Inflationsausgleich bedeuten könnten. In den ersten Verhandlungsrunden 2024 zu den Vergütungstarifverträgen haben einige öffentlich-rechtliche Arbeitgeber bereits angekündigt, dass bei den Gehältern eine Nullrunde notwendig wäre.
Interessanterweise kommt der Zukunftsrat, den die Rundfunkkommission der Länder im Frühjahr 2023 eingesetzt hatte, um den ÖRR auf den Prüfstand zu stellen, zu anderen Einschätzungen als die KEF. Bis Ende 2023 hatten sich die Mitglieder des Rats in Gesprächen und anhand aktueller Daten ein Bild über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verschafft. In seinem vor wenigen Wochen vorgestellten Bericht stellten die Ratsmitglieder fest, dass zwar großer Reformbedarf besteht, für die Umsetzung von Reformen und für gutes Programm aber auch qualifiziertes Personal erforderlich ist, das auch seinen Preis hat: „Gute Qualität braucht gute Köpfe“, betonte die Zukunftsratvorsitzende Julia Jäkel. Sie wies auch darauf hin, dass gerade im Vergleich zum Öffentlichen Dienst und zur Privatwirtschaft die Gehälter und Honorare im ÖRR “seit Jahren im gesellschaftlichen Vergleich zurückfallen” – und somit auch die Reallöhne der Beschäftigten.
Für die 1. Vorsitzende der VRFF, Anke Ben Rejeb, ist klar: „Mit den aktuellen Einsparungen, die die KEF von den Medienhäusern erwartet, werden die Öffentlich-Rechtlichen nicht mehr konkurrenzfähig sein, und die durch die Personaleinsparungen der vergangenen Jahre ohnehin schon hohe Belastung für die Beschäftigten wird noch weiter ansteigen – und damit auch die ebenfalls bereits schon hohen Krankenstände dort.“
Noch ist der 58-Cent-Vorschlag aus dem 24. KEF-Bericht eine Empfehlung: Im nächsten Schritt müssen die Parlamente der Bundesländer über diese Empfehlung abstimmen. Erste Länder, wie Brandenburg und Sachsen-Anhalt, haben schon Ablehnung signalisiert. Für die notwendigen Reformen und Investitionen für Digitalisierung & Co., darin sind sich die Gewerkschafter*innen einig, braucht es jedoch gute Leute, Zeit und Geld. Das ist einfaches betriebswirtschaftliches Wissen. Der Wille zu Reformen ist da, auch in den Belegschaften der Häuser, aber unter den aktuell von KEF und Politik gesetzten Rahmenbedingungen sind die erforderlichen Veränderungsprozesse nicht zu stemmen.
Aufgrund der Berechnungen der KEF sieht die Bundestarifkommission der VRFF, so ihr Vorsitzender Christian Gesch, für die in Teilen bereits begonnenen Vergütungsverhandlungen bei ARD, ZDF & Co. noch schwierigere Rahmenbedingungen auf die Tarifverhandler*innen zukommen als in den vergangenen Jahren. „Letztlich relevant ist für uns aber, dass die KEF kein Tarifpartner ist. Das sind die Medienhäuser selbst, die aus unserer Sicht viel zu niedrige Finanzbedarfe bei der KEF angemeldet haben. Das Versprechen der Anstalten, dass die hohen Abschlüsse des ÖD bei den nächsten Verhandlungen übernommen werden, ist so nicht realisierbar. Für uns ist der aber weiter die Grundlage. Daher stellen wir uns jetzt schon auf massive Streikmaßnahmen ein.
Hier geht es zum 24. KEF-Bericht: 24._KEF-Bericht.pdf (kef-online.de)