VRFF/Dresden: Am Freitagabend wird in der weltberühmten Semperoper in Sachsens Landeshauptstadt der Vorhang vielleicht nicht aufgehen. An der großen Bühne hat die VRFF die mediengewerkschaft ihre Mitglieder von 13:00 Uhr bis 24:00 Uhr zum Warnstreik aufgerufen, um den Forderungen ihres Dachverbands – dbb beamtenbund und tarifunion – in den Tarifverhandlungen des Öffentlichen Dienstes der Länder Nachdruck zu verleihen.
Hunderte Besucher könnten am Abend in Dresden vor verschlossenen Theatertüren stehen, weil die Beschäftigten auf ihre finanzielle Lage und ihre erschwerten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. Unter den Tarifvertrag der Länder (TV-L) fallen neben den Beschäftigten von Kultureinrichtungen, wie dem sächsischen Opernhaus, auch Lehrkräfte, Polizeibeamte, Vollzugsbeamtete und Angestellte in Landeskrankenhäusern. Ihnen allen gemeinsam ist ein hoher Einkommensrückstand sowohl gegenüber der Privatwirtschaft als auch gegenüber Mitarbeitenden von Bund und Kommunen.
Die Folgen: “Die Länder sind auf dem Arbeitsmarkt oft nicht mehr konkurrenzfähig,” erläutert dbb-Chef Ulrich Silberbach. Von den Tarifverhandlungen der Länder sind immerhin 3,5 Millionen betroffen. Die prekäre Situation spüren auch die Beschäftigten der Semperoper: Einkommensverluste durch die hohe Inflation der vergangenen Monate und zeitgleich hohe Arbeitsbelastung. Aufgrund der vergleichsweisen niedrigen Grundgehälter finden sich kaum qualifizierte Personen, die in diesem Tarifbereich arbeiten wollen.
“Allein in der Stadt Dresden, wo es fast 70 Veranstaltungsorte gibt, wird der Kampf zwischen Freistaat, Stadt und freien Trägern um gut ausgebildete Fachkräfte immer härter. Es braucht im TV-L schon hohe finanzielle Anreize, um bei diesen Arbeitsbedingungen überhaupt noch ausreichend Personal zu finden”, erklärt Stefan Rettner, 2. Vorsitzender der VRFF. Denn am Theater zu arbeiten, bedeutet zum Beispiel, viele Dienste bis in den späten Abend und am Wochenende zu haben, ergänzt Jens Kühn, Tarifbeauftragter der Betriebsgruppe Semperoper in der VRFF. Denn zu den Veranstaltungen – 370 sind es in der aktuellen Spielzeit – kommen noch die Proben: “Das ist eine enorme körperliche Belastung, und die Vereinbarkeit von Familie, Freizeit und Beruf leidet darunter”, so Kühn.
Bei den Auftaktgesprächen zu den Tarifverhandlungen für die Beschäftigen im Öffentlichen Dienst der Länder am gestrigen Donnerstag haben die Arbeitgebenden, die Tarifgemeinschaft der Länder, erwartungsgemäß die Forderungen der Gewerkschaften dbb und ver.di abgelehnt. Mit der Forderung von 10,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro, ist der dbb für die Beschäftigten in die Tarifverhandlungen gestartet. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat er am heutigen Freitag mehrere seiner Fachgewerkschaften in verschiedenen Bundesländern zu Warnstreiks aufgerufen; in Nordrhein-Westfalen und Hessen bereits am Vormittag.