Urlaubsübertragung bei langer Krankheit kann auf 15 Monate beschränkt werden

Von der Langzeiterkrankung direkt in den Urlaub? Das muss nicht sein: Das LAG Hamm hat – nach Rückfrage an den EuGH – entschieden, dass durch eine tarifliche Regelung der Übertragungszeitraum von Urlaub von Langzeiterkranken auf 15 Monate beschränken darf. Manteltarifvertrag beschränkt Urlaubsansammlung Mit einem Tarifvertrag kann die Möglichkeit, während einer langen Krankheit im Großen Stil Urlaubsansprüche anzusammeln, unterbunden werden.

Der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV (Einheitlicher Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen), der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.

Der schwerbehinderte klagende Arbeitnehmer war in der Zeit vom 1.4.1964 bis zum 31.08.2008 im Dortmunder Betrieb der Beklagten als Schlosser beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Einheitliche Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18. 12. 2003 (im Folgenden: EMTV) Anwendung.

  • Der Arbeitnehmer war zunächst seit dem Januar 2002 arbeitsunfähig krank
  • und bezog ab dem Oktober 2003 jeweils befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
  • Das Arbeitsverhältnis wurde zu Ende August 2008 durch Aufhebungsvereinbarung beendet.

Im März 2009 hat der Arbeitnehmer bei Gericht Klage auf Abgeltung seines Urlaubs für die Jahre 2006, 2007 und 2008 in Höhe von jeweils 35 Arbeitstagen eingereicht.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat dem europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob Urlaubsansprüche für langjährig arbeitsunfähige Arbeitnehmer angesammelt werden können oder ob sie zeitlich befristet sind. Die Richter hatte daran Zweifel, ob der Zweck des Urlaubsanspruchs die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über viele Jahre erfordert. 

Mit Urteil vom 22.11.2011 hat der EuGH entschieden:

  • dass Artikel 7 I. der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates dahingehend auszulegen ist,
  • dass er einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie Tarifverträgen nicht entgegensteht,
  • die das Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub aus vergangener Zeit auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken.

Nach dem Urteil des EuGH ist der § 11 Abs. Unterabs. 3 des EMTV, der einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei Krankheit vorsieht, nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen Europarecht.

Daraufhin hat das LAG – der Entscheidung des EuGH folgend – die Beklagte verurteilt, für 15 Monate den Urlaub abzugelten und im Übrigen die Klage gewiesen.

(LAG Hamm, Urteil v. 22.3.2012, 6 Sa 1176/09)